Der Ort sind alle – Mitreden, mitwirken, mitbestimmen.
Ein Kompass für gelungene Beteiligung in der Kommune
Die Materialsammlung (Dokumentation) und alle Präsentationen unserer Referent*innen findet ihr hier.
Gleich zu Beginn unseres Kommunalkongress 2023 war klar: alle hatten so richtig Lust auf Zusammenkommen, Wissensinput, Motivation und Vernetzung! So startete die Gruppe Wissensdurstiger um 15 Uhr mit einer Präsentation von Markus Pscheidl, Geschäftsführer des EcoQuartiers, in die anschließende Exkursion durchs direkt neben dem Hotel gelegene EcoQuartier.

Markus Pscheidl und dem zweiten Bürgermeister von Pfaffenhofen an der Ilm, Roland Dörfler.


das EcoQuartier ist in vielerlei Hinsicht ein Vorzeige-Modell für moderne und nachhaltige Quartiersgestaltung!
Zurück im Hotel sorgte ein Come together mit Fingerfood und Willkommensdrink mit den mittlerweile noch eingetroffenen Teilnehmer*innen für gute Stimmung.


Thomas Herker, erster Bürgermeister von Pfaffenhofen an der Ilm, begrüßte die Anwesenden herzlich und konnte viel Nachhaltiges von seiner Stadt berichten: dass die Stadt bereits über 40 Mio. in den sozialen Wohnungsbau gesteckt habe und weniger als 5t CO2 pro Jahr pro Bürger*in in die Luft puste. Unter anderem hat die Stadt Pfaffenhofen auch einen kostenlosen Stadtbus installiert, der zur Freude aller auch für Auswärtige kostenfrei fährt und via App buchbar ist.
Nach Thomas Herker ging es mit dem Mentalcoach, Weltmeistertrainer und Kriminalhauptkommissar Markus Koch ins Abendprogramm.
Markus Koch – „Wie gut du bist, zeigt sich an schlechten Tagen.“
„Nicht mein Zitat!“ gab Markus Koch unumwunden gleich zu, aber der Satz von Jürgen Klopp trifft den Nagel auf den Kopf. Denn die Sportwissenschaft hat herausgefunden, was den wirklichen Champignon ausmacht. Und zwar die Eigenschaft wie mit Niederlagen und Krisen umgegangen wird. Man hat herausgefunden, Champignons sind schlicht besser im Schlecht-Sein. Misserfolge muss man akzeptieren. Dazu wurden vier verschiedene Typen identifiziert:
Typ 1: korrigiert seine Ziele nach unten
Typ 2: gibt auf
Typ 3: trainiert wie ein Besessener
Typ 4: Meister, Champignon. Macht weiter, auch wenn es schlecht läuft.

und die Erfolgskurve damit insgesamt immer höher steigt.
Markus Koch brachte uns Konzentrationstricks und Übungen bei wie die „Denkmütze“, was passiert in uns, wenn wir mit dem Finger die Stirn massieren (Reiz wird zentriert) oder die Kinnspitze reiben (Angst überwinden). Das Thema „Scheitern“ verbildlichte er am Beispiel von James Dyson, der 5127 Prototypen bauen musste, bis der heute weltbekannte Staubsauger ohne Beutel funktionierte. Wir erfuhren, was die „Palmaris longus“ ist, eine Sehne am Handgelenk, die noch von unseren Vorfahren stammt (als wir auf allen Vieren gelaufen sind) und die heute schon einigen Menschen fehlt, weil sie nicht mehr gebraucht wird. Einschlaftechniken und „Quick-Win-Mentaltechniken“ aus dem Sport helfen uns auch im konfliktbeladenen politischen Alltag:
- Atemluft spüren
- Gedankenstopp
- Erden
- Shake that ass (wenn wir oben fest sind im Kopf, hilft Bewegung in der Körpermitte, die sonst zu steif ist)
- Lächeltraining
Die Story, wie Marc Allen beim Ironman 1989 es nach Jahren der Niederlage schaffte, seinen ewigen Konkurrenten Dave Scott abzuhängen gehörte auch zum Programm. Sehr eindrucksvoll! Marc Allen stellte sich während des Wettkampfs die ganze Zeit vor, er sei durch einen Magnet mit Dave verbunden und „klebe“ an ihm. Im Schlussspurt, als es einen kleinen Hügel hochging, so erzählte Marc später, habe er gespürt, wie sich das Magnetverhältnis umgekehrt hätte. Er sei wie magisch gezogen worden – an Scott vorbei und gewann den Ironman sogar deutlich und mit Bestzeit. Ein Paradebeispiel für Selbstmotivation!
Was motiviert Dich, kommunalpolitisch aktiv zu sein und wie gehst Du mit schwierigen Situationen um? Nach Markus Koch wurde die Runde vorne vergrößert. Franziska Sänftl, GRIBS Vorstand, moderierte eine Podiumsrunde mit Jonas Glüsenkamp, 2. Bürgermeister Bamberg, Alexandra Karl, Bürgermeisterkandidatin aus Fahrenzhausen, Florian Questel, 1. Bürgermeister Ahorntal und Marc Urban, Grüne Jugend und Stadtrat aus Erlangen. Sehr offen und ehrlich brachten die vier ihre Erfahrungen ein und was sie im kommunalpolitischen Alltag motivert.

Der Samstag startete mit einem motivierenden Warming Up von Claudia Bosse und Robert Dietz, GRIBS Vorstand. Know How und Erfahrungen der Teilnehmer*innen kamen ins Boot. Dabei kam Bewegung in den Saal und es ging von rechts nach links und wieder zurück…

Dr. Stephanie Bock – „zukunftsfähige Kommunen nur mit guter Beteiligungskultur“
Im Anschluss trug Dr. Stephanie Bock, Deutsches Institut für Urbanistik, spritzig ihren Beitrag zu „kommunaler Beteiligungskultur“ vor. Dabei mahnte sie eine möglichst konkrete Zieldefinition an. Diese müsse vorher klar sein und auch, dass es die „eierlegende Wollmilchsau“ nicht gäbe. Für eine gute Beteiligung brauche es klare Rahmenbedingungen. Auch, um bei den Bürger*innen, die sich einbringen, keine Enttäuschung zu erzeugen, denn: „kein Prozess kann alles leisten, auch digitale Beteiligung nicht!“
Frau Bock ging auch darauf ein, dass es nie gelinge, alle Menschen ins Boot zu holen. Es sei auch durchaus ok, wenn angefragte Bürger*innen sich nicht einbrächten aus verschiedensten Gründen. „Partizipationsdemokratie vertieft soziale Ungleichheit, … muss sie aber nicht!“
Dr. Christine Dörner – „So gehts – Bausteine gelungener Beteiligung“
Welche Bausteine Beteiligung gelingen lässt, führte Dr. Christine Dörner, weitgeblickt und Allianz für Beteiligung Baden-Württermberg, in ihrem Online-Vortrag aus.
Wichtigste Voraussetzung für den Erfolg von Beteiligung ist es, in Politik und Verwaltung eine positive Haltung zur Beteiligung zu entwickeln und den Mehrwert von Bürgerbeteiligung zu erkennen.
Information ist Basis und auch Form von Beteiligung. Allen Arten von Informationskanälen könne „gar nicht genug Wichtigkeit beigemessen werden.“ Sie nannte das Beispiel Schweiz, wo es sehr weitreichende direkte Beteiligungsmöglichkeiten gäb, deren Basis breite, transparente Information ist.
Die Gelingens-Faktoren lassen sich in vier Überbegriffe zusammenfassen: Kultur, Zukunftsbild, Personen und Strukturen. Genaueres zu den einzelnen Bausteinen gelungener Beteiligung finden sich in der Präsentation. Sie empfahl die Dokumentation und den preisgekrönten Film des Regisseurs Christoph Eder „Wem gehört mein Dorf?“, der Beteiligung auf der Insel Rügen im Ostseebad Göhren, thematisiert.
Als finalen Tipp gab sie mit, einfach zu „machen“, es ließe sich nicht alles planen, Beteiligungsprozesse beinhalten Überraschungen und sollen vor allem Spaß machen.
An die beiden Vorträge schloss sich die erste Werkstatt ein – und die Teilnemher*innen tauschten sich zu ihren eigenen Erfahrungen aus. In der abschließenden Runde „Nachgefragt“ wurden die offenen Fragen von den Referent*innen kompetent geklärt.
Nach der Mittagspause ging es weiter mit drei Dialogforen zu unterschiedlichen Schwerpunkten:
Forum Jugend – Jung, frech und kompetent
Von der Straße in die Amtsstube – Wie Jugendbeteiligung gelingt:
So war der erste Teil des Forums „Jung, frech und kompetent“ überschrieben. Julius Oblong, CO-Leiter der Hertie-Stiftung „Jugend entscheidet“, stellte das Programm vor, mit dem Kommunen dabei unterstützt werden, konkrete lokalpolitische Entscheidungen an Jugendliche abzugeben. https://www.jugendentscheidet.de/das-projekt
Nicht nur für Jugendliche hängt die Demokratie wesentlich davon ab, wie wir Politik vor Ort erleben. Und so ist das Ziel, Jugendliche tatsächlich mitentscheiden zu lassen, immer mit dem Wissen im Hinterkopf, dass beide – Jugendliche und Kommunen – viel voneinander lernen können. Seit 2021 sind es 25 teilnehmende Kommunen, die danach ausgewählt werden, dass bisher dort noch keine etablierte Form der Jugendbeteiligung existiert und die kommunale Spitze mitzieht! „Jugend entscheidet“ beginnt mit der Gewinnung von Jugendlichen für ein konkretes, umzusetzendes Projekt, das in Thementagen mit ihnen bzw. von ihnen ausgearbeitet wird. Top-Thema ist meist der „Öffentliche Raum“, wobei es nicht immer der beliebte Skatepark sein muss. Oft hat dieser Wunsch den Hintergrund, einfach einen eigenen Treffpunkt zu schaffen, an dem Jugendliche unter sich sein können. Ebenso oft sind es Wünsche aus dem Bereich „Umwelt“ oder einfach der „Eigenen Lebensrealität“, zum Beispiel ein Wochenendautomat mit Essen, Trinken oder Hygieneartikeln.

Mit dem Ergebnis der Thementage, vielleicht sogar einem eigenen „Antrag“ in der Tasche, geht es in eine gemeinsame Ratssitzung. Dort, gemeinsam mit Rät*innen an einem Tisch, werden die Ideen zu Politik und anschließend mit der gebührenden öffentlichen Aufmerksamkeit umgesetzt. Was die Gemeinde von Jugendlichen lernt? Jugendbeteiligung ist Beziehungsarbeit und braucht Zeit. Es ist eine Querschnittsaufgabe für Politik, Verwaltung und Jugendarbeit. Jugendliche brauchen und wollen eigene Begegnungsräume, sie haben oft einen besonderen Blick auf den öffentlichen Raum, der allen Altersgruppen nutzt. Bleibt das Fazit: Jugendbeteiligung lohnt sich!
Jugendparlament und gut? Und was machen die anderen?
Holger Jankovsky ist studierter Sozialbetriebswirt, seit 2020 Stadtrat und Kinder- und Jugendbeauftragter in Kaufbeuren und war langjähriger Vorsitzender des Stadtjugendrings Kaufbeuren. Die zwei wesentlichen Fragen, die auch Titel des Forums waren, standen gleich zu Beginn seines Engagements für Jugendbeteiligung im Raum: Jugendparlament und gut? Und was machen die anderen? Die Strukturen – auch für ein Jugendparlament – sind eher langfristig, durchorganisiert und ziehen Verpflichtungen nach sich. Damit ist diese Form der Jugendbeteiligung für viele nicht attraktiv und wurde für Kaufbeuren verworfen. Oberstes Ziel ist, möglichst viele Jugendliche aus allen Milieus zu erreichen und passende Mitwirkungsmöglichkeiten zu schaffen. Für Kaufbeuren wurden daher mehrere vielfältige Gremien ins Leben gerufen, die untereinander vernetzt sind und eng zusammenarbeiten. „Jugendparlament“ heißt hier die Vollversammlung, bestehend aus sämtlichen örtlich tätigen Jugendorganisationen, Vereinen, Verbänden. Daneben gibt es u.a. den „Eckpunkt“, ein Ladengeschäft in der Stadtmitte, das als „politisches Wohnzimmer“ fungiert. Hier findet PartyPizzaTion statt – beim gemeinsamen Pizzaessen finden Jugendliche zusammen und Themen und Wünsche der Jugendlichen kommen ganz nebenbei auf den Tisch! Einmal im Jahr werden alle Jugendlichen offiziell eingeladen zum „Jugendforum“. Niederschwellig und ungezwungen werden hier in Workshops Ideen gesammelt, die schließlich über das „Jugendparlament“ als Anträge den Weg in den Stadtrat finden. Auch hier wird aus Ideen echte Politik, die schließlich umgesetzt wird.
Das Fazit? Jugendbeteiligung funktioniert – mit dem richtigen Format!

Stadtrat und Jugendbeauftragter aus Kaufbeuren und Julius Oblong von der Hertiestiftung.
Forum Digital – Erfolgreich Digital
Mit „Digital total“ war der Input von Thomas Ehrler von der „Wer denkt was GmbH“ aus Darmstadt (https://werdenktwas.de/ ) überschrieben. Diese Ausgliederung aus der TU Darmstadt befasst sich mit der Beratung von Bürgerbeteiligungsprozessen, Moderationen und vielen Angeboten rund um das Thema Bürgerbeteiligung, u.a. auch digitale Mängelmelder und andere Formen des digitalen Beschwerdemanagements. Mittlerweile wurde die Angebotspalette um die Module Online-Umfragen und Online-Analysen erweitert, dabei geht es nicht um wissenschaftliche Repräsentativität, sondern um das „Einholen von Stimmungen“.
Aus den bisherigen Erfahrungen zeigt sich, so Ehrler, die Erkenntnis: „Digitale Beteiligung schafft keine Wunder.“ In der Regel beteiligen sich auch an den digitalen Beteiligungsformaten Menschen aus ähnlichen Gruppen und sozialen Zusammenhängen, wie bei analogen Formaten. Die Vorteile liegen vielmehr in dem Einsparen von Ressourcen (Zeit, Personal und Finanzen), in der Niederschwelligkeit, breitere Zielgruppen und der übersichtlichen Aufbereitung von Informationen und der Ergebnisse. Der Einsatz ist – wie bei allen Formaten – abhängig vom Ziel der Beteiligung, der thematischen Ausrichtung, dem Zeitpunkt, den Zielgruppen u.v.m. Sehr häufig empfiehlt sich, laut Ehrler, eine Verschränkung der Instrumente der digitalen und der analogen Beteiligung. Ehrler stellte zum Abschluss seines Inputs Beispiele aus den Kommunen Neuisenburg und Griesheim vor.

Franziska Maas vom Lehrstuhl für Psychologische Ergonomie der Universität Würzburg, berichtete im zweiten Teil des Forums von dem Projekt „Drüber gestolpert“ aus Würzburg. Ziel des Uni-Projekts war es, herauszufinden, wie der Zugang zu Informationen technisch unterstützt für ALLE leichter gemacht werden. Aber die vorhandenen digitalen Tools passen auf der einen Seite oft nicht zu den Bedürfnissen der Bürger*innen und auf der anderen Seite können Bürger*innen mit diesen Tools nicht die Themen einbringen, die ihnen auf den Nägeln brennen.
Das ForDemocracyProjekt hat(te) ganz konkret zum Ziel, herauszufinden, wie die aktuellen Beteiligungsaktivitäten der Bürger*innen im Würzburger Stadtteil Hubland sind und welche Probleme es dabei gibt. Aus den Erkenntnissen daraus entstand der so genannte „Hubbel“ (https://hubbel.psyergo.uni-wuerzburg.de/ ). Der Hubbel ist eine Art technischer Ideen- und Kummerkasten. Postkarten können sowohl analog, als auch digital verfasst werden mit Ideen, neuen Informationen über den Stadtteil, Kommentaren, Mängelmeldungen etc. Analog geschriebene Postkarten werden digitalisiert und den bereits vorhandenen Themen zugeordnet. Eine Redaktion überarbeitet alle Meldungen und archiviert bzw. veröffentlicht die Meldungen auf der Internetplattform. Bürger*innen, die persönlich im System registriert sind, haben die Möglichkeit auch direkt digital „Postkarten“ zu verfassen. Das Fazit von Frau Maas: Der „Hubbel“ stimuliert Bürgerbeteiligung, macht Spaß, erzeugt einen Überblick über eine Vielfalt von Themen im Stadtteil und füllt Wissenslücken über die Bedürfnisse der Bürger*innen aus dem Stadtteil.
Forum Bürger*innenrat mit Dynamic Facilitation: Der Bürger*innenrat – (mehr) als ein Bonbon für die Gemeinde?
Für die allermeisten von uns dürfte der Begriff Dynamic Facilitation ziemlich neu gewesen sein und so war auch dieses Forum mit seiner Form der Bürgerbeteiligung „anders“, neu, progressiv, zugewandt. Astrid Köppel, Vorsitzende des Vereins Dynamic Facilitation und Moderatorin, führte durch den Workshop und brachte viel Fachinput zum Bürger*innenrat.

Astrid Köppel und selbstverständlich standen die Bonbons schon bereit :-)!
Zum Einstieg forderte sie uns auf, sich zu zweit zusammen zu tun und den/die andere jeweils 5 Minuten reden zu lassen über seine/ihre fragen an dieses Forum. Dabei durfte nicht unterbrochen und schon garnicht gewertet werden. Es war sehr erstaunlich, wie weit die Erfahrungen darüber im Anschluss auseinander gingen: von „das war total ungewohnt“ über „eine unnatürliche Situation“ bis zu „das war toll“.


was zur Abwechslung sehr angenehm war und ungewöhnlich aus der Norm fiel.
Was ist nun Dynamic Facilitation (DF)?
DF ist eine Moderationsmethode, die hilft, zu Lösungen zu gelangen, die oft unerwartet, erstaunlich kreativ oder besonders nachhaltig und von transformativer Kraft für alle Beteiligten sind. Raum schaffen für Sicherheit und Wertschätzung für alle Teilnehmenden ist die Basis dafür. Durch die Haltung echten Interesses sowie durch fokussiertes Zuhörens inspiriert er bzw. sie die ganze Gruppe zum zugewandten Zuhören und weckt dadurch eine neue Fülle an Möglichkeiten.

Bedenken, Widerstände, heftige Gefühle, die in Gruppenprozessen sonst oft als störend empfunden werden, sind hier wertvoll und willkommen. Häufig erweisen gerade sie sich als entscheidende Impulse für eine tragfähige Lösung.
DF arbeitet mit einem einfachen und klaren Setting. Dieses besteht im Wesentlichen aus vier Tafeln mit den Kategorien: Fragen – Informationen – Bedenken – Lösungen. Darunter werden alle Beiträge der Teilnehmer*innen festgehalten. Das ermöglicht es, allen Assoziationen Raum zu geben und sie gleichzeitig so strukturiert zu visualisieren, dass sich am Ende gemeinsame Lösungen herauskristallisieren. Der Prozess der Gruppe wird nachvollziehbar und zu einer gemeinsamen Geschichte.
Und was hat das jetzt mit dem Bürger*innenrat zu tun?
Astrid Köppel ist erfahrene Moderatorin von Bürger*inneräten in Kommunen. Dabei nutzt sie vor Ort zur Durchführung die Methode DF. Im Workshop führte sie uns anhand der vier DF-Kategorien durch alle Fragen und Bedenken zum Bürger*innenrat, lieferte umfassend Informationen und Lösungsideen. Ein spannendes, gelungenes Experiment, die Methode DF mit dem Input zum Bürger*innenrat zu verknüpfen. Mehr dazu auf den Flipcharts:
Michael Pelzer – „Mut zu Beteiligung, sie ist Stabilitätsanker der Demokratie!“
Der Altbürgermeister der Gemeinde Weyarn und Pionier der Mitmach-Kommune (Weyarn ist seit 30 Jahren MitmachKommune), hielt zum Ende des Tages ein flammendes Plädoyer für Bürger*innenbeteiligung in der Kommunen. Als langjähriger Bürgermeister ergänzte er die Fachbeiträge des Tages kompentent und leidenschaftlich um den Blick der Kommunalpolitik.

„Bürger*innenbeteiligung ist die einzige Möglichkeit, die Zukunft vernünftig hinzubekommen.“ Sie ist heute wichtiger denn je. Wir leben in Umbrüchen und Gewissheiten wanken. Zukunftsängste und Vertrauensverlust in die Politik prägen die Gesellschaft. Die Jahre des Wohlstandes sind vorbei und auch die öffentliche Hand kann in Zukunft nicht mehr alles finanziell abfedern. In dieser Zeit brauchen wir eine Veränderung des Rollenspiels „Politik als Vollversorgerin und Bürger*innen als Konsument*innen mit Anspruchshaltung“. Bürger*innenbeteiligung ändert das, gibt die Chance „Vom Ich zum Wir“ zu kommen. Politik wird dabei zur „Ermöglicherin“ und die Bürgerschaft übernimmt mehr Verantwortung für das Ganze. Bürger*innenbeteiligung – immer vorausgesetzt, sie sit richtig gemacht, mit einer Haltung des Respekts und auf Augenhöhe – aktiviert, macht selbstwirksam und verdrängt das Wunschzetteldenken durch Verstehen und Verantwortung. (eindrucksvoll hier das Beispiel der Schulklasse, die sich vom Bürgermeister ein Schwimmbad gewünscht hat und beim intensiven transparenten Befassen des Themas von der Idee bis zur Umsetzung dann selbst gesagt hat „Bürgermeister, das können wir nicht bezahlen!“).
Keine Frage, Beteiligung macht Arbeit, braucht Zeit, Geduld und das Denken über die eigene Amtszeit hinaus. Aber – eine solidarische, aktive Zivilgesellschaft ist die wichtigste Ressource einer Kommune (Kompetenzen, Wissen, Anpacken…) Darauf zu verzichten wäre ziemlich dumm 😉 Ökonomische Untersuchungen bescheinigen Bürger*innenbeteiligung auch einen finanziellen Mehrwert: jeder Euro, der hier investiert wird wird bringt 3 – 5 Euro (je nach Modell).
Der Ort sind alle und es gibt viele gute Gründe, um das auch tatkräftig zu leben. Damit das gelingt, formuliert Michael Pelzer fünf Voraussetzungen
- Einsicht der Entscheidungsträger*innen, Offenheit und Begegnung auf gleicher Augenhöhe
- klare Rahmenbedingungen, Regeln und Zuständigkeiten – Voraussetzungen und Fragestellungen klar und ehrlich formuliert und kommuniziert
- Transparenz und Information, Verzicht auf Herrschaftswissen bei den Entscheidungsträger*innen, Nachvollziehbarkeit von der Idee bis zur Umestzung
- richtige, passende, gute Formate, die die Menschen breit mitnehmen
- Verwaltung mit im Boot, eine „Kümmerer*in“ und Profis
Anschaulich zeigt die Doku „Unter unserem Himmel – Weyarn, vom Mut zur Veränderung“, wie die Gemeinde Weyarn mit einer Freifläche umgegangen ist und was alles möglich wird, wenn viele anpacken und sich einbringen. Damit macht uns Michael Pelzer zum Abschluss Mut – Mut zu mehr Demokratie, Mut zu Beteilung, es klappt und es lohnt sich!
Das Freibad wurde übrigens tatsächlich nicht gebaut. Dafür ergab eine Umfrage unter den Kindern, dass sie sich eine Schule auf der grünen Wiese wünschten. Und DIE wurde dann mit ganz viel Einsatz von Eltern und Ehrenamtlichen in die Realität umgesetzt (s. Präsentation Pelzer).

















































































