Nutzung gemeindlicher und privater Räume durch Rechte

Es braucht Mut und Mitstreiter, sich gegen rechtsextreme und verfassungsfeindliche Gruppierungen und Parteien zu stellen. Sich öffentlich Gehör verschaffen ist hier besonders wichtig – es geht schließlich um nichts Geringeres als die Grundfesten unserer freiheitlichen Demokratie. Wir müssen aufklären und dürfen nicht müde werden, in die Diskussion mit Bürger*innen zu gehen. Es darf nicht „normal“ werden, dass Mitglieder einer vom Verfassungsschutz beobachteten, verfassungsfeindlichen Partei Schulter an Schulter mit Demokraten am geselligen Biertisch sitzen. Ebenso wenig sollte die Nutzung von Räumlichkeiten für Veranstaltungen schulterzuckend hingenommen werden mit dem Hinweis „Naja, sie sind ja nicht verboten, wir können eh nichts tun.“

Wir haben die rechtliche Einordnung für Euch zusammengefasst:

Verfassungsfeindlich ist nicht gleich verfassungswidrig

Vorneweg: Alle Parteien sind nach §5 PartG gleich zu behandeln. Das BVerfG hat hier auch den Grundsatz der „Chancengleichheit“ geprägt: Der besondere verfassungsrechtliche Status von Parteien gebietet, dass diese gleichberechtigt am politischen Wettbewerb teilnehmen können müssen. Dies erfordere eine Mitwirkung auf der Basis gleicher Rechte und gleicher Chancen. Nur das Bundesverfassungsgericht hat die Möglichkeit, eine Partei zu verbieten und ihr damit die Mitwirkung zu entziehen. Hieran sind zu Recht sehr große Hürden geknüpft. Das Gebot der Gleichbehandlung gilt auch für Parteien, die als verfassungsfeindlich eingestuft sind und vom Verfassungsschutz beobachtet werden wie aktuell die AfD.

Nutzung gemeindlicher Räumlichkeiten

Will eine Partei eine gemeindliche Räumlichkeit nutzen, z.B. einen Bürgersaal, kann sie das Recht dazu aus Art. 21 GO ableiten, wenn

  • die Partei „Gemeindeangehörige“ ist. Das sind auch Personenvereinigungen wie Parteien, soweit sie ihren Sitz in der Gemeinde haben. Ortsverbände gehören dazu, auch Gruppierungen, die bereits im Gemeinderat vertreten sind oder eine Liste aufgestellt haben. Kreis-, Landes- oder Bundesverbände fallen nicht darunter.
  • der Zweck der Nutzung auch von der „Widmung“ umfasst ist. Dies ist zum einen der Fall, wenn in einer Benutzungsordnung oder -richtlinie ausdrücklich die Nutzung „für parteipolitische Zwecke“ festgelegt ist. Ist dies nicht der Fall, kann sich auch eine Widmung durch die übliche „Vergabepraxis“ ergeben (hier wieder Gleichbehandlungsgrundsatz). Wenn andere Parteien die Räumlichkeiten für parteipolitische Veranstaltungen nutzen, darf dies z.B. der AfD nicht verwehrt werden.

Daneben gilt aber immer der Gleichbehandlungsgrundsatz nach §5 PartG. Werden Räumlichkeiten üblicherweise auch an nicht-gemeindeangehörige Parteien zur Nutzung überlassen, gebietet es die Gleichbehandlung, dass alle Parteien hier zugelassen werden.

Eine solche Vergabepraxis darf geändert werden. Eine Gemeinde kann die Nutzung für parteipolitische Zwecke auch ganz ausschließen. Oder sie kann die Nutzung auf nur ortsansässige Parteien beschränken. Das gilt dann aber für alle Parteien gleichermaßen. Vor allem gilt dies nur für die Zukunft. Ein gestellter Antrag darf nicht abgelehnt werden mit dem Hinweis, man wolle jetzt die Nutzungsvergabe ändern.

Verletzt die Gemeinde diese Gleichbehandlungs- und Zugangsrechte, kann eine Partei klagen.

Was also tun?

Zugang intelligent einschränken:
Die Gemeinde kann sich überlegen, inwieweit die jeweiligen Räumlichkeiten von den demokratischen Parteien genutzt werden und welche Einschränkung diese nicht oder wenig treffen würde. So könnte die Nutzung auf Fraktionssitzungen, Jahreshauptversammlungen oder Ortsgruppentreffen beschränkt und Themen- bzw. Wahlveranstaltungen ausgeschlossen werden. In der Regel wählen Rechte nämlich Orte (Schützenwirt, Nibelungenhalle) und Themen, die eine bestimmte öffentliche Strahlwirkung besitzen. Gibt es im Ort noch andere (private) Räume mit ausreichenden Kapazitäten, auf die ausgewichen werden kann, könnte die Nutzung für parteipolitische Zwecke auch ganz ausgeschlossen werden.

Nutzungsbedingungen unattraktiv gestalten:
In der Benutzungssatzung oder im Mietvertrag können an die Nutzung Auflagen geknüpft sein. Das kann zum Beispiel ein Verbot des Tragens oder Zeigens verfassungsfeindlicher Symbole oder auch das Verbot bestimmter (rechter) Kleidungsmarken sein. Die Nutzung kann auch daran gebunden sein, sich zur Achtung der Verfassung zu bekennen. Der Verstoß könnte mit Geldbußen bzw. Vertragsstrafen belegt sein. Eine sehr gute Darstellung mit Mustervertrag hat die Stadt München erstellt:
https://lhm.muenchen.swm.de/dam/jcr:86fe3884-cfb5-44f9-8039-c1d9d6def0fd/Anmietungen%20durch%20Rechtsextreme_broschuere.pdf

Nutzung allgemein zugänglicher Räume von privaten Betreibern, z.B. Gaststätten

Private Einrichtungen und Gaststätten sind nicht an die oben ausgeführten Gleichbehandlungsgrundsätze und auch nicht an das Kommunalrecht gebunden. Es gilt die Vertragsfreiheit, die Gewerbetreibenden können frei entscheiden, an wen sie vermieten. Gleichzeitig sind sie am häufigsten von Anmietungsversuchen durch Rechtsextreme/ Rechte betroffen. Und nicht immer ist erkennbar, an wen sie da vermieten. Daher macht es Sinn, dass sich Gewerbetreibende, Politik, Kommunen, Zivilgesellschaft zusammenschließen und möglichst gemeinsam dagegen vorgehen, dass Rechte in den öffentlichen Raum vordringen.

Gewerbetreibende sollten sich im Klaren sein: ja, die Vermietung an Rechte ist auch ein Geschäft. Aber eins, mit dem sie einen kleinen Teil bedienen von 10% in Bayern bei der letzten Landtagswahl. Die übrigen 90% sind Demokraten, die verfassungsfeindliche Parteien ablehnen. Es sind auch 90% aller potenziellen Gäste, die es sich überlegen, ob sie weiterhin dort einkehren möchten, wo Rechte willkommen sind.

Damit sind wir wieder beim Anfang: Wir dürfen nicht so tun, als wären rechtsextreme Parteien „normale“ Parteien. Dort wo der verfassungsrechtliche Schutz nicht verbotener Parteien beginnt, müssen wir es ihnen schwer machen, aufklären und entlarven.

Über den Autor

AnjaOdendahl